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Förderschule für geistige
Entwicklung
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In der Berufspraxisstufe bleiben
die Schülerinnen und Schüler an unserer Schule zwei oder drei Jahre, in
Ausnahmefällen auch ein oder mehr als drei Jahre. In dieser Zeit sollen die
Schülerinnen und Schüler intensiv auf das „Erwachsenwerden“ bzw.
„Erwachsensein“ und ihr verändertes Leben nach der Schulzeit vorbereitet
werden. Die Unterrichtsinhalte bestehen schwerpunktmäßig in einer Förderung
in den Bereichen Arbeit, Wohnen und
Freizeit, welche sich in der Unterrichtspraxis ergänzen und zum Teil
inhaltlich überschneiden.
An zwei Tagen der Woche gestalten die drei
Berufspraxisstufen daher einen gemeinsamen Vormittag, an dem die
Schülerinnen und Schüler zwischen sechs Arbeitsgruppen wählen können: Holz,
Medien, Kunstwerkstatt, Dienstleistung, Schulbäckerei Abteilung Kuchen und
Schulbäckerei Abteilung Brot. Im Mittelpunkt steht hierbei das
produktorientierte Arbeiten in einer festen Gruppe. Konkrete Ziele sind die
Vorbereitung auf das Arbeitsleben durch die Vermittlung von
arbeitsorientierten Basiskompetenzen wie Selbstständigkeit,
Verantwortungsbewusstsein und Teamfähigkeit. Dabei soll eine
handlungsorientierte Verbindung zu verschiedenen Lernstoffen anderer
Unterrichtsbereiche (v. a. Arbeitslehre, Mathematik, Deutsch) geschaffen
werden. Außerdem können die Schülerinnen und Schüler Erfahrungen mit
wirtschaftlichen Zusammenhängen machen, wenn Produkte zum Verkauf
angeboten werden. Zwei der Arbeitsgruppen haben sich mit der Übernahme von
außerschulischen Aufträgen nach außen geöffnet und jeweils eine
Schülerfirma gegründet.
Die Berufspraxisstufe ist das Bindeglied zwischen
Schule und Arbeitswelt. Sie beinhaltet die intensive Vorbereitung auf das
künftige Arbeitsleben in der Werkstatt für angepasste Arbeit (WfaA), in
Ausnahmefällen auch auf dem freien Arbeitsmarkt. An einem weiteren festen
Wochentag steht daher seit dem Schuljahr 2011 / 2012 die berufliche
Orientierung im Mittelpunkt. An diesem Tag werden Berufsfelder vorgestellt,
Praktikumsstellen innerhalb und außerhalb der WfaA gesucht, erkundet und
besucht, Praktika vor- und nachbereitet, Bewerbungen und Praktikumsberichte
verfasst, Praktikumsmappen angelegt und vieles mehr. Für die
schwerstbehinderten Schülerinnen und Schüler steht in einem Block ein
Werkstatttraining mit Materialien, an denen auch in der WfaA gearbeitet
wird, im Vordergrund.
Einmal jährlich findet für alle Schülerinnen und
Schüler ein einwöchiges Praktikum in der WfaA statt. In der Praktikumswoche
nehmen die Schülerinnen und Schüler am normalen Arbeitsalltag der WfaA teil
und können dadurch den Arbeitsrhythmus und die verschiedenen Arbeitsabläufe
kennen lernen sowie erste Kontakte zu Betreuern und Mitarbeitern der
Werkstatt knüpfen. Fast alle Schülerinnen und Schüler arbeiten nach ihrer
Entlassung aus der Schule in der WfaA. Daher ist eine gute und enge
Zusammenarbeit zwischen Schule und Werkstatt mit regelmäßigen Gesprächen,
Besuchen und Hospitationen wichtig. Neben den Werkstattpraktika können
selbstständige Schülerinnen und Schüler auch in Betrieben der freien
Wirtschaft Praktika durchführen. Das wichtigste Ziel dieser Praktika ist das
Erleben eines Arbeitsplatzes mit den realen Bedingungen des ersten
Arbeitsmarktes.
Das
Loslassen ihres Kindes ist für die Eltern unserer Schülerinnen und Schüler
oftmals besonders schwierig und mit vielen Unsicherheiten und Ängsten
verbunden. Wir sehen es deshalb als eine wichtige Aufgabe der
Berufspraxisstufe an, unsere Schülerinnen und Schüler mit ihren Eltern bei
dem Prozess der Lösung vom Elternhaus zu unterstützen und ihnen Perspektiven
zu eröffnen, wie sich ein möglicher Auszug des Kindes gestalten lässt und
welche der verschiedenen Wohnmöglichkeiten für ihr Kind ganz individuell
geeignet erscheinen. Dazu führen wir Gespräche mit den Eltern, um ihnen die
eventuellen Ängste vor dem Auszug der Kinder zu nehmen, sowie Gespräche mit
den Schülerinnen und Schülern, um ihre Wünsche und Vorstellungen im Hinblick
auf ein späteres Wohnen zu ermitteln.
Darüber hinaus arbeiten wir eng mit der Beratungsstelle
KoKoBe (Koordinierungs-, Kontakt- und Beratungsstelle für Menschen mit
Behinderungen) zusammen, die als offene Anlauf- und Beratungsstelle für
Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen fungiert und die
insbesondere die Beratung und Vermittlung einer geeigneten Wohnform für
Menschen mit Behinderungen als ihre Aufgabe sieht.
Der Unterricht in der Berufspraxisstufe versucht, die Schülerinnen und
Schüler auf ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben
vorzubereiten. Die Unterrichtsschwerpunkte in diesem Lernfeld bestehen in
erster Linie aus Qualifikationen, welche die Grundlage bilden für das Wohnen
in einer Gemeinschaft, zum Beispiel:
Ø
im emotionalen Bereich: Stärkung des
Selbstwertgefühls und des Selbstbewusstseins, Bewusstwerden der eigenen
Stärken und Schwächen
Ø
im Bereich Sozialfähigkeit: Förderung
von Dialogfähigkeit, Kooperation und Konfliktfähigkeit, Meinungsbildung,
Erweiterung der Kompromissbereitschaft
Ø
im hauswirtschaftlichen Bereich:
Zubereitung von Mahlzeiten, Einkaufen, Wäschepflege, Umgang mit
Haushaltsgeräten, Putzen
Ø
im handwerklichen Bereich: einfache
Reparaturen durchführen wie Batteriewechsel, Wände streichen, Bilder
aufhängen
Ø
im Bereich Organisation: Umgang mit
Geld, u. U. Kontoführung, Ämter übernehmen und verantwortlich durchführen
FREIZEIT
Daraus ergibt sich für das Lernfeld „Freizeit“ das
wichtige Ziel, gemeinsam mit den einzelnen Schülerinnen und Schülern und in
Zusammenarbeit mit dem Elternhaus sinnvolle Freizeitaktivitäten zu
entwickeln und anzubahnen, die dann auch nach der abgeschlossenen
Schullaufbahn fortgesetzt werden können. Dabei werden die individuellen
Interessen und Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler ernst genommen und
berücksichtigt.
Dieses Ziel setzen wir in der
Berufspraxisstufe durch folgende Unterrichtsschwerpunkte um: Erarbeiten
verschiedener Formen der Freizeitgestaltung, Kennen lernen und Erproben
verschiedener Freizeitaktivitäten, Anbahnen und Pflegen von Freundschaften,
Entwickeln eines Freizeitbewusstseins Erkennen und Äußern eigener Wünsche,
Hobbys entwickeln und pflegen, sinnvolles Nutzen der freien Zeit)
, Abbau einer einseitigen Freizeitgestaltung und Öffnen für alternative
Beschäftigungen sowie Kennen lernen und Nutzen außerschulischer
Freizeitmöglichkeiten.
SELBSTSTÄNDIGKEIT
Die Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler, das
möglichst eigenständige Gestalten des Alltags, ist ein vordringliches Ziel
unser unterrichtlichen Bemühungen. In allen drei der oben genannten Bereiche
zeigt sich, dass Selbstständigkeit überaus wichtig ist und jede erreichte
Stufe der eigenständigen Alltagsbewältigung den jeweiligen Schülerinnen und
Schüler ganz neue Möglichkeiten und Perspektiven eröffnet. Dabei ist uns
besonders wichtig, dass Schülerinnen und Schüler nach Möglichkeit in die
Lage versetzt werden, wichtige Orte ihres Lebens (Arbeits-, Wohn- und
Freizeitorte) selbstständig zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln
aufsuchen zu können. Dazu trägt ein regelmäßiges Fahrtraining bei, das von
der Schule initiiert und nach Möglichkeit begleitet wird. Dabei werden
einzelne Laufstrecken und Fahrstrecken (Schule – Elternhaus bzw. Wohngruppe,
Wege zu Praktikumsstellen, Wege zu bestimmten Freizeiteinrichtungen)
intensiv mit einzelnen Schülerinnen und Schülern geübt.